Biosprit-Produktion aus Algen – schneller und günstiger als je zuvor

Seit Jahren weiß man, wie man aus Algen Treibstoff herstellen kann. Warum werden damit noch keine Autos betrieben?

Chemieingenieure der University of Utah haben eine neue Methode entwickelt, um Biokraftstoffe herzustellen. Sie könnte den gesamten Prozess enorm vereinfachen.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 29.08.23

Die Herstellung von Biokraftstoffen aus Mikroorganismen ist sicherlich nicht neu. Erste Experimente dazu wurden bereits 1942 durchgeführt. In der Vergangenheit ging das Interesse dafür hoch – vor allem zu Krisenzeiten bei herkömmlichen Fossilbrennstoffen – und runter. Trotz umfangreicher Forschung und Finanzierung schaffte es jedoch bisher niemand, die Produktion von Biokraftstoffen profitabel zu machen, sowohl in Bezug auf den finanziellen Aspekt als auch die Energie.

Mikroorganismen, wie etwa Algen, können zu Biotreibstoff umgewandelt werden, indem Fettsäure extrahiert wird. Diese ist in Biomolekülen enthalten, welche man als Lipide kennt. Zum Herausziehen dieser Fettsäure muss üblicherweise das gesamte Wasser aus dem Mikroorganismus entfernt werden, wodurch ein trockenes Pulver oder Biomasseschlamm entsteht. Diese Biomasse wird dann in ein Lösungsmittel gegeben, das die ölreichen Lipide abtrennt und eine Vorstufe zu Biorohöl schafft. Sobald die Substanz mit Dieselöl vermischt wird, kann sie als so genannter Biodiesel verwendet werden, um Fahrzeuge und Generatoren anzutreiben.

Der Nachteil dieser Methode war bisher, dass die Menge an Biokraftstoff, die am Ende herauskommt, häufig geringer ausfällt als die Menge an Energie, die zur Produktion aufgebracht werden muss. Vor allem der Trocknungsprozess nimmt viel Energie in Anspruch. Das bedeutet nicht nur, dass Biodiesel aus Ressourcensicht weniger effizient ist. Daraus folgt auch ein teures Endprodukt, was für Verbraucher*innen weniger attraktiv und damit abhängig von hohen Subventionen ist.

Die Entwicklung von Biokraftstoffen durch Strahlenverwirbelung

Die Methode zur Biokraftstoffproduktion aus Algen des Teams der University of Utah scheint den Prozess jedoch nicht nur zu beschleunigen. Sie macht ihn auch weniger energieabhängig und letztlich günstiger. Der Prozess, beschrieben in der neuen Peer-Review-Zeitschrift Chemical Engineering Science X, umgeht den langatmigen Trocknungsprozess und nutzt stattdessen eine neue Art von Strahlen-Mixer, um die Lipide innerhalb von Sekunden zu extrahieren.

Im Strahlenmix-Reaktor werden Strahlen von Lösungsmitteln auf Strahlen von Algen geschossen, was zu einer lokalen Verwirbelung führt. In dieser Verwirbelung machen die Lipide der Algen einen kurzen „Sprung“ in den Strom des Lösungsmittels. Das Lipidöl wird im Anschluss abgespalten und das Lösungsmittel kann erneut genutzt werden, um den Vorgang zu wiederholen. Obgleich immer noch nicht „profitabel“ was die Energieausbeute anbelangt, ist das experimentelle Verfahren der University of Utah deutlich näher an der Energieparität als vorhergehende Methoden dran. So könnte sie ein wichtiges Element zur Verbesserung bei der Herstellung von Biokraftstoffen aus Mikroorganismen werden. “Es gab bereits viele anerkennenswerte Forschungsbemühungen, um Algenbiosprit voranzubringen, aber nichts davon hat bisher eine Preisklasse erreicht, die kommerzielle Entwicklung verheißen kann. Unsere Konzeptionen könnten diese Gleichung ändern und Algenbiosprit zurück ins Spiel bringen”, erklärt der Koautor des Artikels, Professor Swomitra „Bobby“ Mohanty.

Unternehmen und Regierungen haben das Thema Biodiesel aus Mikroalgen nicht aus den Augen verloren, insbesondere angesichts steigenden Energiebedarfs und Abhängigkeiten von nicht-erneuerbaren fossilen Brennstoffen. Zum Beispiel meldete das Programm für Aquatische Arten des US-Energieministeriums 1998, dass Biodiesel die einzige zukunftsfähige Methode für eine ausreichende Treibstoffproduktion sei, die die aktuelle Dieselnutzung unserer Welt ablösen könnte.

Um das zu erreichen, sind vor allem Algen eine vielversprechende Quelle. Im Vergleich zu anderen Biotreibstoffpflanzen, wie Palmöl, Sojabohnen oder Rapsöl, sind sie viel leichter zu kultivieren und als Brennstoffquelle effizienter. Außerdem haben Studien gezeigt, dass nur 57,3 Millionen Hektar an Algen nötig wären, um die globale Jahresproduktion an konventionellem Diesel in Höhe von 1,1 Milliarden Tonnen zu ersetzen – was deutlich weniger wäre als bei anderen Biotreibstoffpflanzen. Zudem können Algen auch in Seen und Teichen angebaut werden, was die Konkurrenz zu traditioneller Landwirtschaft auf dem Land senkt.

Wie dreckig ist Diesel wirklich?

Über die relativ hohe Sauberkeit von Diesel gegenüber Benzin wurde in Kreisen von Ingenieuren und politischen Gemeinschaften viel debattiert. Traditionell werden Dieselfahrzeuge für viel sauberer gehalten als benzinbetriebene Fahrzeuge, was in vielen Ländern – besonders innerhalb Europas – dazu führt, dass auf die Übernahme und Subventionierung von Dieselfahrzeugen gedrängt wird.

Die Realität ist etwas komplexer. Beispielsweise wird zur Herstellung von Diesel mehr Rohöl pro Liter benötigt und das Verbrennen von Diesel kann ganze 15 Prozent mehr Treibhausgasemissionen zur Folge haben als Rohbenzin. Da Diesel aber eine effizientere Energiequelle ist, ist die Menge an Treibhausgasen, die pro Kilometer ausgestoßen wird, geringer. Dieselmotoren sind üblicherweise auch moderner und wirtschaftlicher als ältere Benzinmotoren, obwohl sie mehr Energie zur Produktion benötigen.

Hinzu kommt, dass Dieselmotoren in Bezug auf Feinstaub und Stickstoffoxide die stärkeren Verschmutzer sind, was zu Smog und gesundheitlichen Beschwerden bei der Bevölkerung führen kann. Dieser Ruß, als „schwarzer Kohlenstoff“ bezeichnet, wurde auch schon mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht

Im Allgemeinen sind Regierungen aber mehr damit beschäftigt, ihre Treibhausgasemissionen insgesamt zu verringern als bestimmte Schadstoffe zu bekämpfen, weshalb Diesel eine verlockende Alternative zu Benzin darstellt. Trotzdem haben sich mehrere Länder, darunter Deutschland, Irland, Indien und die Niederlande, dafür ausgesprochen, neue Diesel- und Benzinautos bis 2030 zu verbieten.

Der große Vorteil von Diesel ist jedoch, dass er zu Biodiesel verarbeitet werden kann, der wiederum viel geringere Emissionen mit sich bringt. Diesel wird darüber hinaus auch für andere Zwecke verwendet. Häufig gibt es allerdings bessere Alternativen, um ihn zu ersetzen – auch wenn sie noch in den Kinderschuhen stecken.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lena Strauß. Das Original erschien zuerst auf der englischsprachigen Webseite.

Dieser Artikel wurde im März 2019 erstmalig veröffentlicht. Im August 2023 wurde der Artikel aktualisiert.

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